Vilnius (Litauen)

Vilnius hat mich total überrascht. Vielleicht, weil man von Vilnius kaum eine Vorstellung hat, im Gegensatz zu London oder Paris. „Wohin fährst Du nochmal? Vilnius? Wo ist das denn?“ waren die meisten Reaktionen, kurz vor meiner Städtereise.

Hier also ein bißchen Werbung für die wunderschöne Hauptstadt Litauens! Erstmal ein paar Daten: mit ca. 570.000 Einwohnern ist Vilnius die größte Stadt im Baltikum (zu dem neben Litauen noch Lettland und Estland gehören). Litauen grenzt an Polen, Lettland, Weißrussland, die russische Exklave Kaliningrad und im Norden an die Ostsee (das baltische Meer). Vilnius ist außerdem der geographische Mittelpunkt Europas, die Wochentage werden I bis VII genannt, bezahlt wird in Euro und die Uhr muss man hier eine Stunde vorstellen. Die Altstadt ist eine der größten Osteuropas und seit 1994 Unesco-Welterbe. 2009 war Vilnius Kulturhauptstadt Europas – das sieht man heute noch gut, zum Beispiel am Kunstprojekt der Literatu Straße.

Gleich als wir mit dem Bus vom Flughafen in die Altstadt fuhren sahen wir aber, was in Vilnius am Auffälligsten ist: die Kirchen. Vor allem: die Größe der Kirchen – riesig! Und die Anzahl: Über 50 katholische und russisch-orthodoxe Kirchen sind es.

Ich fand Vilnius großartig: Die Unterschiedlichkeit der Viertel. Der Stilmix aus Barock, Gotik, Renaissance, Klassizismus gibt einem irgendwie das Gefühl, in mehr als nur in einer Stadt zu sein. Wir hatten in der Literatu Straße eine Begegnung mit einer reizenden alten Dame, die kunstvoll Ostereier mit Wachs verzierte. Mich haben die orthodoxen Kirchen tief beeindruckt, mit ihren Ikonen, der weihrauchgeschwängerten Luft und den respekteinflößenden orthodoxen Priestern. Und die abendliche Beleuchtung der Stadt, in der alles nochmal ganz anders aussieht als tagsüber.

Hier meine Tipps für einen Spaziergang durch Vilnius:

  1. Tor der Morgenröte (im Süden der Altstadt). Hier kann man die als wundertätig verehrte Ikone der heiligen Maria inklusive an die Wand geschlagenen silbernen Herzen bestaunen. Einige Passanten bekreuzigen sich vor dem Tor, welches auch als Wallfahrtsort gilt. Weiter an der Aušros-Vartu-Straße liegen neben schönen Häusern die barocke Kirche der Hl. Theresa, das Tor des Basilianerklosters, die Nationalphilharmonie und, mein Favorit: die prunkvolle russisch-orthodoxe Heiliggeistkirche. Wie das Licht morgens durch die Fenster in diese Kirche fällt ist in Kombination mit Weihrauch tatsächlich atemberaubend.
  2. Markthalle ‚Halès Turgus‘. Ganz weltlich, schön, authentisch, alltäglich – seit 1906.
  3. Didzioji-Straße und Pilies-Straße. Über die Aušros-Vartu-Straße und den Rathausplatz die verbindende Achse zwischen dem Tor der Morgenröte und dem Kathedralenplatz. Die Pilies-Straße ist eine der beliebtesten Straßen der Altstadt.
  4. Das kleine Ghetto (Stikliu g.). Die Stikliu Straße geht von der Didzioji-Straße ab. Bis zum zweiten Weltkrieg lebten im liberalen Vilnius bis zu 55.000 Juden. Dann kamen die Deutschen. Heute besteht das Viertel aus kleinen, netten Gassen, individuellen Läden und einer Gedenktafel am Eingang zum Ghetto.
  5. Universität – 1579 gegründet und eine der ältesten Universitäten Europas. Werft einen Blick in die Innenhöfe und die Johannes-Kirche.
  6. Strasse „Literatu“. Von der Pilies-Straße abzweigend findet man hier allerlei Kunst an den Häuserwänden.
  7. Annen- und Bernhardiner-Kirchen. Gewaltige Spätgotik und Gotik in Backstein. Gleich in der Nähe ist die orthodoxe Kirche der Jungfräulichen Mutergottes, die wegen der Ikonen-Wand lohnt. Als wir dort waren, sang gerade ein Pope. Geht man daneben über die Brücke erscheint das Schild zur Republik Uzupis…
  8. Republik Uzupis: Uzupis bedeutet ‚jenseits des Flusses‘. Dieses Stadtviertel ist eine Künstlerkolonie. Die ‚Republik‘ der Künstler hat eine eigene Hymne, einen Präsidenten und Bischof. Laut der eigenen Verfassung hat jeder das Recht, glücklich zu sein. 41 Artikel hat diese Verfassung, die an dem Café Uzupis Kavine angeschlagen ist. Die erste Regel lautet: ‚Jeder hat das Recht beim Fluß Vilnia zu leben, und der Fluß Vilnia hat das Recht an jedem vorbei zu fließen.‘ Hier findet man viel Kunst, Verrücktes, Bezauberndes und eine Wassernixe bei der Brücke. Auf dem zentralen Platz steht die Skulptur des ‚Schutzengels von Uzupis‘.
  9. Bernardinu-Garten. Gleich bei der Republik Uzupis. Hier eignet sich der Berg mit dem Denkmal der drei Kreuze als Aussichtspunkt.
  10. Kathedralenplatz (im Norden der Altstadt). Neben der Kathedrale der hl. Stanislaw und Wladislaw liegt der Glockenturm, das Nationalmuseum ‚Palast der Großfürsten von Litauen‘ und der Gedimas-Turm, während auf dem großzügigen Platz die Skateboarder ihre Kunststücke üben.

Weitere Tipps:

  • Stadtführung: um 12.00 Uhr startet beim Rathaus eine kostenfreie, meist von Studenten geführte Tour (nach dem gelben Schild Ausschau halten). Am Ende gibt jeder Trinkgeld.
  • Café Monmatre, Aušros-Vartu-Straße (schräg gegenüber der Philharmonie)
  • Restaurant Balzac (französisch), Saviciaus g. 7
  • Hotel Domus Maria (ein ehemaliges Kloster, gleich beim Tor der Morgenröte) Aušros-Vartu-Straße 12
  • Bernsteinmuseum, Sv. Mykolo g. 8

Ausflugsziele in der Nähe:

  • Wasserburg Trakai – eine der Hauptsehenswürdigkeiten Litauens
  • Berg der Kreuze Siauliai. Aus Protest gegen die russische Besatzung wurden hier Kreuze jeder Art aufgestellt, platt gewalzt und wieder aufgestellt. Bis zu 100.000 Kreuze sollen es ein.

Litauisch:

  • Ja / Taip
  • Nein / Ne
  • Danke / ačiū
  • Hallo / Labas
  • Auf Wiedersehen / Viso gero

Flug: Ryanair fliegt von Nürnberg nach Vilnius – wir haben mit Flug und zwei Nächten im Hotel im April lediglich 100€ pro Person gezahlt.