SIBIU – AUCH BEKANNT ALS: HERMANNSTADT.
Wohin fliegst Du nochmal? Nach Sibiu? Wo ist das denn?
So die meisten Reaktionen, als ich mein nächstes Reiseziel erwähnte. Sibiu, eine Stadt mit knapp 150.000 Einwohnern, liegt mitten in Rumänien, genauer in Siebenbürgen oder auch Transsilvanien, ca. 1.200 km von Regensburg entfernt. 2007 war Sibiu zusammen mit der Stadt Luxemburg Kulturhauptstadt Europas, besser bekannt ist Sibiu bei uns unter dem deutschen Namen Hermannstadt.Auf dem Weg vom Flughafen in die Altstadt entdecke ich ein Theaterplakat mit dem Slogan ‚Wir sprechen deutsch‘. In der Altstadt begegnen einem immer wieder deutsche Schilder, die historischen Denkmäler sind ebenfalls auf deutsch erklärt. Im 12. Jahrhundert begann hier die Besiedelung mit deutschen Siedlern, die aus dem Rhein-Mosel gebiet kamen. Der ungarische König warb ab ca. 1147 deutsche Bauern und Handwerker als Siedler an und stattete sie mit großen Privilegien aus. Als Schutz vor den Osmanen, die alle paar Jahre in die Gegend einfielen. Diese sogenannten Siebenbürger Sachsen bauten kleine Dörfer zu Festungen aus, mit Wehrmauern, Zugbrücken, Türmen und gründeten die bis heute wichtigsten Städte Siebenbürgens: Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg, Mühlbach, Schäßburg, Mediasch und Bistritz. Diese sieben Städte sind angeblich auch Namensgeber für ‚Siebenbürgen‘, sieben Burgen sind jedenfalls auf dem Wappen sichtbar. Bis weit ins 20. Jahrhundert wohnten hier zahlreiche Siebenbürger Sachsen. Der rumänische Präsident Klaus Johannis (auch ein Siebenbürger Sachse) stammt aus Hermannstadt.
Neben 75% Rumänen, 20% Ungarn und 3,5% Roma, leben heute noch ca. 14.000 Siebenbürger Sachsen in der Gegend südlich der Karpaten als älteste noch existierende deutsche Siedlergruppe in Osteuropa.
Warum mich das interessiert? Ich bin mit den Geschichten Siebenbürgens aufgewachsen, mein Großvater und seine Familie lebten hier und sprachen den charmanten deutschen Dialekt Siebenbürgisch-Sächsisch. Später, in den 90ern, war meine Mutter mit Hilfstransporten in Rumänien und erzählte mir von den wunderschönen Moldauklöstern, den zauberhaften Städten, der Armut und den damals katastrophalen Zuständen in den rumänischen Kinderheimen.

Nun bin ich also selbst zum allerersten Mal zu Besuch in Rumänien. Diese Stippvisite ist eine Art Testballon: ich würde zu gerne mal einen Roadtrip quer durch Rumänien bis ans Schwarze Meer machen. Wir fliegen mit Wizzair von Nürnberg nach Sibiu. Nach nicht ganz 2 Stunden Flug und nur 10 Minuten Fahrt mit dem Taxi sind wir in Sibius Altstadt und nach wenigen Schritten durch diese ist klar: ich liebe dieses farbenfrohe Städtchen mit seinen Türmen, seiner Ober- und Unterstadt, den Häusern mit den Fensterläden und den vielen Fledermausgauben, die wie Augen auf den bunten Häusern aussehen. Mehrfach fiel an unserem ersten Abend das Wort ‚zauberhaft’… Sibiu hat Charme und wirkt völlig entschleunigt. Man kann hier wunderbar ganz gemütlich durch die Gassen schlendern, die Ausblicke genießen und die Seele baumeln lassen.
Hier meine Tipps für einen Besuch in Sibiu:
- Die Evangelische Stadtpfarrkirche mit ihrem bunten Dach springt einem sofort ins Auge. Kein Wunder, die Kirche ist eines der beeindruckendsten Bauwerke Hermannstadts. Sie wurde im 14. Jh. auf den Mauern einer romanischen Basilika errichtet. Der siebenstöckige, 73,34 m hohe Glockenturm mit vier Ecktürmchen (ein Zeichen der Gerichtsbarkeit) ist an vielen Punkten der Stadt weithin sichtbar. Beim Café Wien neben der Kirche, kann man mit Blick auf die Kirche oder die Dächer der Unterstadt einen Kaffee oder Aperitif trinken.
Evangelische Stadtpfarrkirche Sibiu - Unweit der Kirche befindet sich die Pempflingerstiege/Pasajul Scarilor, welche von der Ober- in die Unterstadt führt. Die Mauer über ihr gehört zu den ehemaligen Verteidigungsringen der Stadt. Die Stiege runter gelangt man in die Saggasse/Str. Turnului. Mit den gemauerten Streben ist die Stiege ein echter Hingucker. Am unteren Ende der Pempflingerstiege befindet sich das Restaurant „Butoiul de Aur“ (Zum Goldenen Fass), das älteste Lokal Rumäniens. Alternativ führt die breite Treppe der Sagstiege genauso in die Unterstadt und in die Saggasse/Str. Turnului.
Sibiu, Pempflingerstiege Sagstiege Sibiu Vom Restaurant La Pasaj (Strada Turnului 3A) hat man einen herrlichen Blich auf die evangelische Stadtpfarrkirche, die Sagstiege und den Sagturm.
Unten auf dem Foto sieht es so aus, als ob die Fledermausgauben an den Hausdächern einem zuzwinkern. Man nennt sie übrigens auch Ochsenaugen.Sibiu - Rumänischen Wein probieren. Am besten im ‚Weinkeller‘. Eine kleine Treppe führt von der Sagstiege hinab zum idyllischen Lokal ‚Weinkeller‘. Der Freisitz ist eine kleine Oase unter Weinlaub. Die Weine aus den Karpaten sind durchaus erlesen, empfehlen kann ich zum Beispiel den Vitis Metamorfosis, Feteasca Alba & Sauvignon Blanc.
- Lügenbrücke. Eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt ist die 1859 in der Friedrichshütte in Hessen hergestellte gußeiserne Lügenbrücke. Um die älteste Eisenbrücke Rumäniens ranken sich zahlreiche Legenden, eine besagt zum Beispiel, dass diese Brücke vor allem von jungen Liebenden, die sich ewige Liebe geschworen haben überschritten wurde. Mädchen haben teilweise geschworen, Jungfrauen zu sein, aber nach der Hochzeitsnacht wurden sie als Lügnerinnen entlarvt und zur Strafe von der Brücke geworfen.
Neben der Lügenbrücke ist das Café Atrium, dort kann man begleitet von Pianomusik den Blick auf die Brücke genießen.Lügenbrücke Lügenbrücke Sibiu - Der Ratturm ist eines der Wahrzeichen Hermannstadts. Er trägt seinen Namen, weil er den Zugang zum zweiten Befestigungsgürtel verteidigte und unmittelbar neben dem ehemaligen Rathaus Hermannstadts steht. Für 2 Lei kann man den Turm besteigen und über die Altstadt blicken. Der Durchgang unter dem Ratturm verbindet den Kleinen und den Großen Ring der Stadt.
Sibiu Ratturm - Kleiner Ring (Piaţa Mică) und Großer Ring (Piața Mare).
In der warmen Jahreszeit sind die Freisitze der Lokale am Kleinen Ring voll mit Menschen, die hier die lauen Sommerabende genießen. Vom benachbarten Großen Ring führen die Straßen sternförmig fort. Der weitläufige Platz ist quasi die ‚Gute Stube‘ und der Mittelpunkt der Stadt. Er ist umgeben vonprächtigen Patrizierhäusern, historischen Gebäuden, Läden, Cafés und Restaurants.Sibiu Großer Ring - Am Großen Ring (Piața Mare 4-5) befindet sich das Brukenthal Museum. In dem Barockpalast von Baron Samuel von Brukenthal kann man eine große Gemäldesammlung mit über 1.200 Bildern sowie Möbel und Skulpturen aus den letzten 400 Jahren bewundern.
Garten Brukenthal Museum, Sibiu - Orthodoxe Kathedrale ‚Heilige Dreieinigkeit‘. Hermannstadt ist der Sitz der 1861 gegründeten Metropolie Siebenbürgens und eines der religiösen Zentren der Orthodoxen Kirche Rumäniens. Schon 1857 regte der Metropolit Andrei Şaguna den Bau einer orthodoxen Kathedrale in Hermannstadt an, der Bau begann aber erst 1902. Die großartige Kirche wurde nach dem Vorbild der Hagia Sofia erbaut.
Sibiu Orthodoxe Kathedrale - Zimmermannsturm und Töpferturm. Bei der Harteneckgasse/Str. Cetăţii sieht man neben pittoresken Häusern, Reste der Verteidigungsmauer und zwei von Zünften erbaute Wehrtürme. Ein Stück weiter befindet sich die Hermannstädter Staatsphilharmonie, noch ein paar Schritte weiter ein weiteres beeindruckendes Gebäude, das Naturkundemuseum. Im Garten des Museums stehen Dinosauriernachbildungen.
Zimmermannsturm Töpferturm - Auf den Markt gehen. Der Zibinsmarkt auf der Piaţa Cibin ist ein lokaler Bauernmarkt in der Unterstadt mit rund 300 Ständen für Obst, Gemüse, Fleisch und den berühmten Schafskäse ‚Kas‘ oder ‚Telemea‘. Auch Wellensittiche und Schildkröten werden hier feilgeboten. Auf dem Huetplatz in der Altstadt findet freitags ein Markt statt. Auf dem Huetplatz befindet sich außerdem das älteste erhaltene Bauwerk Hermannstadts, der Sagturm.


Mir hat dieser kleine Ausflug nach Rumänien sehr gut gefallen! Es war bestimmt nicht die letzte Reise in dieses schöne Land.
Tipps:
Mit dem Bus Nr. 11 kommt man vom Flughafen in die Altstadt, oder man nimmt ein günstiges Taxi mit Taxameter (Taxi 924 oder 963). Die Währung in Rumänien heißt Leu/RON (Plural Lei), 1 EUR entspricht momentan 4,7 RON. Unsere Stecker passen übrigens in Rumänien und was die Wasserqualität betrifft, liegt Rumänien mit Platz 61 nur knapp hinter Deutschland (Platz 57). Aufgrund der vielen alten Leitungen sollte man im Zweifelsfall lieber Trinkwasser kaufen.

Unterkunft:
Gewohnt haben wir zentral, schön & günstig im Lumiere House Sibiu, Strada Konrad Haas 4. Fürs geräumige Doppelzimmer haben wir 41 EUR pro Nacht bezahlt.
Lokale:
- Cafe Wien, Piața Albert Huet 4
- Kulinarium, Piața Mică 12
- Weinkeller, Strada Turnului 2
- Jules, Strada Mitropoliei 6
Sibiu, Weinkeller
Wortschatz:
Hallo – Salut!
Guten Tag – Bună ziua!
Tschüss – Ciao! (Pa!)
Auf Wiedersehen – La revedere!
Ja – da
Nein – nu
Danke – Mersi!
Bitte – Cu plăcere
Prost! – Noroc!
Entschuldigung – Scuze!

Tagesausflüge:
- Zum Beispiel ins mittelalterliche Schässburg, Malmkrog und Birthälm. Schässburg wurde von den Sachsen im 12. Jahrhundert gegründet und steht bis heute als ein Wahrzeichen für Siebenbürgen, mit seiner mittelalterlichen und noch bewohnten Zitadelle. Es hat wegen seiner kleinen Gassen und gut erhaltenen Altstadt aus dem 16. Jahrhundert einen besonderen Charme. In Schässburg wurde Vlad Tepes geboren auch als Graf Dracula bekannt.
- Der Bulea See ist ein Gletschersee im Fagaras Gebirge, mitten in Rumänien. Der See liegt zwischen den Bergen Negoiu und Moldoveanu, den beiden höchsten Bergen in den rumänischen Karpaten.
- Das Astra Freilichtmuseum ist das zweitgrößte Freilichtmuseum Europas. Hier sieht man traditionelle rumänische Dorfstrukturen aus verschiedenen Regionen Rumäniens.
- Fahrradtour nach Michelsberg, einem Dorf in der Nähe von Sibiu. Auf dem Michaelis-Berg steht eine beeindruckende romanische Basilika, die wahrscheinlich die älteste dieser Art in Siebenbürgen ist.
Veröffentlicht von