Laos – Kambodscha

Nordthailand – Laos – Kambodscha 2014

Eine meiner Lieblingsgeschichten als Kind war Frederick die Maus, welche Farben, Bilder und Gerüche während des Sommers für den Winter sammelte statt Nüsse. So geht’s mir mit den vielen Eindrücken beim Reisen.

Nach nur einer Nacht in Bangkok begann unsere Reise in Nordthailand. Das war gut, denn am Flug dorthin erzählte mir ein Mädchen neben mir, dass die Innenstadt Bangkoks am Tag darauf wegen neu aufflammender Unruhen und Demonstrationen für die nächste Woche geschlossen werde. Dank Internet können wir die Nachrichten gut verfolgen, denn wir fliegen am 7.2. von dort zurück und Anfang Februar sind in Thailand Neuwahlen. Unruhige Zeiten. Chiang Mai, 1296 gegründet, ist mit nur 135.000 Einwohnern nach Bangkok die zweitgrößte Stadt Thailands. Die Nord-Thais halten sich für die ‚wahren Thais‘, die noch alte Kultur leben. Umgeben von Reisfeldern und grünen Bergen mit zahlreichen Bergvölkern, ist diese Stadt, wie mir schon viele berichteten, etwas Besonderes. Die 200 Tempel/Wats kann man kaum erfassen. Am meisten beeindruckt hat uns Wat Chedi Luang. Dort ist auch eine buddhistische Universität.

Die Ruine der Stupa sahen wir von Weitem und machten uns auf die Suche nach dem Weg dorthin. Der Blick als wir um die Ecke bogen war großartig! In der Mitte die Ruine mit grossen Steinelefanten und Buddhastatuen, die umliegenden Tempel, die Sprechgesänge, mit dem die Mönche aus dem dharma, der Lehre Buddhas, rezitieren, in einem der schönsten Tempel Chiang Mais. Atemberaubend! Sonntags ist in allen Strassen der Altstadt ein grosser Markt, auf dem neben wenigem Allerweltskram und Essen, viele Handarbeiten und Kunst der umliegenden Dörfer feilgeboten wird. Das sah um 17.00 Uhr noch ganz gemütlich aus und gefiel uns gut. Als wir um 19.00 Uhr zurückkehrten waren die Strassen proppenvoll. Vor 20 Jahren noch ein Geheimtipp tummeln sich nun zahlreiche Touristen, so auch wir, aber auch Einheimische auf dem Markt. Ein Riesenrummel, mit alter Musik und ein paar Metern weiter Karaoke. Chiang Mai ist eine bizarre Mischung aus alt und neu, innerhalb der Stadtmauern alte Tempel und schöne Nebenstrassen, außerhalb der pittoresken Altstadt sind bangkokeske Bars mit Animierdamen, Tatooshops, Thai Massagen und ein allabendlicher, riesiger Nightmarket. Dergleichen sah ich nie. Der Weg führte weiter nach Luang Prabang/Laos. Mit nur 1,5 Millionen Touristen pro Jahr (Thailand 22 Mio/Jahr) ist Laos vergleichsweise nahezu unberührt.

Mit etwas mehr als 6 Mio Einwohnern und der Grösse der alten BRD ist das kommunistische Laos das kleinste Land Südostasiens. Vom alten ‚Reich der Millionen Elefanten‘, das die Form einer Sternschnuppe hat, wurde mir schon oft berichtet, es sei eines der schönsten Länder Südostasiens mit den freundlichsten Menschen. Das bestätigte sich sofort nach Ankunft. In die Welterbestadt Luang Prabang, mit 30 Tempeln und über 1000 Mönchen und Novizen, zu kommen ist wie durch die Zeit zu reisen. Auch hier sind natürlich viele Touristen, aber kein Vergleich zu Thailand und wie Elke bemerkte, eher die Zeit-Leser. Und natürlich Backpacker. Laos hat trotz Tourismus noch etwas Unverdorbenes. Luang Prabang ist das buddhistische Zentrum des Landes, viele Kinder werden hierher zur Ausbildung in die Klöster geschickt. Die Mönche in ihren orangenen Gewändern sind allgegenwärtig.

Die Entscheidung 5 Nächte hier zu bleiben und die Kleinstadt zu einem Schwerpunkt der Reise zu machen, bereuten wir zu keiner Zeit. Im Gegenteil, ich hätte auch 2 Wochen dort bleiben können. Am ersten Morgen wachte ich um 4 Uhr vom Trommeln der Mönche, welche den Vollmond einläuteten und vom krähenden Hotel-Hahn auf und beschloss, die allmorgendliche Prozession der Mönche zu Besuchen. Hunderte Buddhisten sitzen am Straßenrand und geben den schweigenden Mönchen gekochten Reis, Speisen und Geld, welche einen Teil davon wieder an die wartenden Armen am Ende des Almosenganges verteilen. Ich hielt mich weit entfernt, was leider nicht alle Reisenden taten. Diese tief bewegende Tradition droht im Blitzlichtgewitter zum Spektakel zu werden und ich beschloss, dass ich dort fehl am Platz war und lief an den folgenden Tagesanbrüchen lieber am Mekong entlang. Beim Frühstück auf unserer Hotelterrasse am Fluss Nam Khan, von dem Nebel aufstieg, hörte man morgens die Flöten und Gebete des gegenüberliegenden Klosters, zu dem eine gewagte Bambusbrücke führte. Diese gibt es nur in der Trockenzeit, aufgrund des anschwellenden Flusses wird sie jedes Jahr neu gebaut. Ich war sehr tapfer, als ich darüber ging, ich hab’s nicht so mit solchen wackeligen Konstruktionen. Aber Ängste sind zum Überwinden da und dazu hat man auf solchen Reisen ja immer wieder Gelegenheit. Nachdem wir die alte Königsstadt mit ihren wunderschönen Tempeln, den Kolonialbauten, den französischen Cafés und den Gassen, auf denen die Frauen Abendessen für ihre Familien vorbereiteten und Reis trockneten, erkundet hatten, gingen wir wandern. In Laos gibt es einige Fair-Trek Anbieter, bei denen ein Teil des Geldes sozialen Projekten zukommt. Unser Guide Saak zeigte uns die umliegenden Dörfer der Hmong (dieses Volk begegnete uns schon im Norden Vietnams) und der Khmu, die wundervolle Landschaft, Flora und Fauna und letztlich den wohl schönsten Wasserfall Kuang Xi, welcher sich über etliche Kaskaden Bahn bricht. Wir standen ganz oben im Wasser mit Blick auf die grünen Berge Laos‘. Viele Laoten (die, wie auch die Khmer, neben Buddhismus noch Ahnenkult und Animismus praktizieren) glauben, dass Wasserfälle Geisterfallen sind, im Süden badet man daher nicht in den unten liegenden Becken. Trotz türkisblauem Wasser liessen wir’s auch. Und Saak stellte uns etliche Fragen über Europa.IMG_3930

Ich kann von Luang Prabang und der umliegenden Landschaft schlicht nur in Superlativen sprechen. Ein besonderer Ort. Selbst der Nachtmarkt und Essensmarkt wurde im Reiseführer als einer der schönsten und ruhigsten Asiens angekündigt. Und ja, mit all den gewebten Stoffen, dem Schmuck und Kunsthandwerk der Bergvölker ist das wohl wahr und Elke und ich gerieten bei den liebenswerten Marktfrauen, die teils ihre schlafenden Kinder dabei hatten, fast in einen Mitbringsel-Kaufrausch für die Daheimgebliebenen. Wenn man etwas gekauft hat, schlagen die Marktfrauen mit dem verdienten Geld mehrmals auf ihre Ware. For the lucky. Wie überall in Asien spielt das Glück eine Hauptrolle. Auf den Strassen sieht man viele Erwachsene wie Kinder an kleinen Tischen vor grossen Zetteln sitzen. Nachdem wir erst irgendwelche statistischen Erhebungen vermuteten, wurden wir aufgeklärt, dass es sich um die laotische Lotterie handle. Wir waren dank der hiesigen Währung schon Millionäre: 1€ sind 10.000 Kip.

Nun sitze ich in meinem Lieblingscafé, schreibe den ersten Teil meines Reiseberichtes, trinke einen Mangoshake mit Blick auf die Tempel und die gegenüber Fußball spielenden Jungs und nehme Abschied von diesem Kleinod. Gerade war ich noch im Königspalast (Laos war bis 1975 Monarchie), wo die zweitausend Jahre alte Buddhastatue Phra Bang aufbewahrt wird und auf dem Stadthügel Phou Si, dessen Stupa von überall sichtbar ist und von wo aus man einen herrlichen Blick über die Halbinsel hat. Nur zum Sonnenuntergang sollte man diesen Ort meiden, da gehen alle die 328 Stufen hoch. Wir sind seit einer Woche in Asien und morgen geht’s weiter nach Vang Vieng. Elke kommt gerade um die Ecke, wir gehen zum Essen auf den Foodmarket. Heute Abend werde ich mich auf dem Heimweg noch sehr oft nach meinem Lieblingstempel Vat Xieng Thong umdrehen, in der Hoffnung, eines Tages zurückzukehren und dass sich Luang Prabang seine Authentizität einigermaßen bewahren kann.

  1. Woche: Vang Vieng – Vientiane – Pakse

Früh am nächsten Morgen brachen wir zur Weiterfahrt auf. Über die Hauptstrasse Laos‘, eine schmale, sich durch die Berge schlängelnde Strasse, auf der einem teilweise nur Kühe als Gegenverkehr begegnen, fuhren wir an zahllosen Dörfern mit winkenden Kindern, trockenen Feldern, Hühnern, Schweinen, Bananenstauden, Gummibäumen und Hunden vorbei durch eine hügelige Landschaft, die einem den Atem verschlägt. So viele Schattierungen grün hat kein Farbkasten. Nach 6 Stunden kamen wir dank unseres Fahrers wohlbehalten in Vang Vieng an. Diese Stadt wäre der Rede nicht weiter wert, wäre nicht die grandiose Landschaft mit ihren Karstkegeln drumherum, die sich wie Höcker eines Kamels entlang ziehen. Als Partyhochburg Laos‘, ist Vang Vieng quasi das, was die Khao San Road in Bangkok ist. Nur in sehr klein. Wir waren zum Fahrradfahren da.

Die Landschaft um Vang Vieng ähnelt einer chinesischen Tuschezeichnung bzw. erinnerte uns an die Halong Bucht mit ihren Karstkegeln. Nur eben am Land. Am nächsten Morgen nahmen wir uns Mountainbikes und fuhren auf eigene Faust los. In unserem Reiseführer war eine Fahrradtour beschrieben, welcher wir folgten. Es sollte sich aufgrund der extrem steinigen Wege als eine der anstrengendsten, die wir je gemacht haben, herausstellen. Aber die Landschaft war’s wert. Größtenteils völlig allein auf der Strecke fuhren wir zur blauen Lagune, durch kleine Dörfer und – etwas skeptisch – durch Büffelherden. Die letzten 10 km zogen sich wie Kaugummi und wir waren verstaubt, völlig erschöpft und vor allem erleichtert, als wir wieder zum Hotel kamen. Später in Pakse trafen wir ein französisches Pärchen, die nahezu die identische Reiseroute wie wir hatten, auch diese Fahrradtour gemacht hatten und ebenso erleichtert waren, als sie vorbei war… Dieses Paar begegnete uns später wieder, wie viele andere, die wir auf unserer Reise trafen. Da Laos überschaubar ist, trifft man sich immer zweimal.

Der Weg führte weiter in die ‚Stadt des Mondes‘, die Hauptstadt Vientiane. Nachdem Laos keine Eisenbahn hat, man über die Busse nicht das Beste hört und wir zugegebenermaßen bei aller Abenteuerlust wenig Ambitionen hatten über holprig kurvige Strassen mit Sitznachbarn, die gebratene Ratte am Spieß essen, zu fahren, nahmen wir uns einen Minivan. In Vientiane blieben wir nur 1 Nacht und fühlten uns in der kleinsten Hauptstadt Südostasiens mit dem imposanten goldenen Wahrzeichen Laos‘ Pha That Luang (das angeblich einen Teil von Buddhas Brustbein beherbergt) ausgesprochen wohl. Als wir am winzigen Flughafen in Vientiane auf unseren Weiterflug gen Süden, nach Pakse warteten, sagte ich zu Elke, ‚Ist es nicht toll das neue Jahr mit fast einem Monat Reisen einzuläuten?‘ Sie fragte erstaunt, wen ich kennen würde der sowas mache und als ich sagte, wir machen sowas, mussten wir schallend lachen. So ein Glück!

Pakse ist die drittgrößte Stadt Laos‘ und Sprungbrett zu den 4000 Inseln, zu denen wir vor Ort über xplore-asia eine dreitägige Tour organisierten. Eigentlich hatten wir vor noch einen Tag auf dem Bolaven Plateau zu wandern, welches bekannt für seine Kaffeeplantagen und Wasserfälle ist. Nachdem wir aber an unserem Wunschtermin keinen Flug nach Kambodscha bekommen konnten und uns Pakse nicht so sehr gefiel, um noch länger zu bleiben, mussten wir unsere Reiseroute kurzfristig und schweren Herzens ändern. Für irgendwas war’s gut. Elke ist übrigens wie immer eine wunderbare Reisegenossin wie Freundin. Wir lesen uns gegenseitig aus den Reiseführern vor und Elke buchte fleißig vorab und jetzt unterwegs unsere Flüge und Hotels. Danke meine Liebe!!!

Auf unserem Weg zu den 4000 Inseln (Si Phan Don) besuchten wir den Vat Phou, ein Khmer Heiligtum, das als architektonisches Vorbild Angkor Wats erachtet wird (Baubeginn 6. Jhdt). Wieder eine von vielen Unesco-Welterbestätten, die wir auf unserer Reise sahen. Auf dieser Anlage findet man unter anderem einen rätselhaften Krokodilstein, einen Buddha-Brunnen, an dem man sich etwas wünschen darf (was wir selbstredend taten) und eine wunderbare Aussicht! Und im Vergleich zu Angkor Wat kaum Besichtiger. Hier wird einmal im Jahr mit tausenden Gläubigen das 4-tägige Vat Phou Fest gefeiert. Auf unserer Tour begleiteten uns zwei Freiburger, Vater und Tochter. Sie erzählte uns auf der Fahrt durch grüne Reisfelder, vorbei an Wasserbüffeln, von ihren zahlreichen Reisen um die Welt, was einerseits Wasser auf die Mühlen meines Reisevirus‘ war, andererseits etwas rastlos und inflationär erschien. Die ganze Welt muss ich nicht sehen, aber ein bißchen davon entdecken zu dürfen finde ich ganz fein. Und eine Fahrradtour nach Kallmünz ist auch wunderschön. Nach einem kurzen Besuch der ruhigen, dritten Königsstadt Champasak kamen wir zu unserer ersten Insel Don Khong und sahen, warum dieses Gebiet im Mekong, nahe der kambodschanischen Grenze, seinen Namen trägt: während der Trockenzeit entstehen hier etwa 4000 steinige Inseln und Sandbänke, man sieht überall kleine Fischerboote oder Frauen die Wäsche waschen. Und viele Menschen, die sich morgens die Zähne am Mekong putzen.

Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt und ich wurde vor der Reise oft gefragt, warum ich dort hinfahre. Die schlichte Antwort ist: ich gehöre zu den Glücklichen, die schon viel über die Welt lesen konnten, und die Erfahrung, mir selbst ein Bild machen zu dürfen möchte ich nicht missen – sie erdet mich und nachdem ich zu den wenigen Privilegierten gehöre, welche in einem Erstweltland leben, ist es mir möglich andere Länder zu besuchen. Laos ist auch eins der bombadiertesten Länder der Welt, mit noch 50% Blindgängern, ebenso Kambodscha. Dafür sind just Erstweltländer verantwortlich. Über 2 Mio Tonnen Bomben wurden von den USA im Vietnamkrieg über Laos und Kambodscha abgeworfen.

Eines aber macht Laos gewiss nicht: einen hoffnungslosen Eindruck. Ganz im Gegenteil. Selten traf ich so viele freundliche und kinderliebe Menschen wie hier, die sich trotz Kolonialisierung, Kriegen und Kommunismus ihre Kultur bewahren konnten. Und Laos hatte gottlob keinen Pol Pot, wie das leidgeprüfte Kambodscha, in dem bis heute fast täglich Menschen durch Landminen verletzt werden. Soviel dazu, es ist ein unerschöpfliches Thema und dies ein Reisebericht, kein Brandbrief gegen Ungerechtigkeiten.

‚Das Reisen führt uns zu uns zurück‘ meinte Albert Camus. Es relativiert alle firstworldproblems, die man im Alltag so hat. Laos ist auch eines der jüngsten Länder, mehr als 60% sind jünger als 25 Jahre. Egal, wo wir waren, spielende und lachende Kinder, die Farangs (Ausländern) neugierig beobachten, begegneten uns auf Schritt und Tritt.

Während ich die zweite Woche Revue passieren lasse, sitzen wir zur Halbzeit unserer Reise in der Abendsonne auf der Terrasse unserer Unterkunft am Mekong mit Blick auf Palmen und Fischerboote. Heute Morgen holte uns ein Longtailboot zur Mekongfahrt ab, um die 4000 Inseln zu erkunden. Ich habe schon viele Gesichter dieser ‚Mutter des Wassers‘ oder des ‚gelben Flusses‘ sehen dürfen. Der vielmehr braune Mekong ist in dieser Gegend schier endlos breit und wird teils von Miniatur-Niagara-Wasserfällen unterbrochen, welche wir staunend besuchten. Bei den 4000 Inseln leben die äußerst seltenen Irawadi Delfine, die sich meist nur kurz zum Luftholen blicken lassen. Und da wir Glückskinder sind, sahen wir juchzend einige davon! Auch auf der zweiten grossen Insel Don Khon gefällt es uns sehr, hier könnten wir es gut länger als zwei Tage aushalten! Die Fahrt hierher war zwar abenteuerlich in dem Beiwagen eines Motorrads, aber dafür haben wir viel gelacht. Neben uns gibt es bei den Besitzern der kleinen Bungalowanlage ‚Sindat‘, eine Art Fondue, typisch für Laos und natürlich wird in grosser Runde gespeist. Mit Reisschnaps. Elke sagt gerade: ‚Haben wir ein Glück – ich kann’s gar nicht oft genug sagen. Ich könnte noch stundenlang den Fischern zuschauen.‘ Ich auch. Es ist leider unser vorletzter Abend im friedvollen Laos, es war ein perfekter Tag und wir trinken jetzt mal mit einem köstlichen Beerlao (angeblich das beste Bier Asiens) auf eine gute Weiterreise. Das freundliche Sabaidee (Hallo) der Laoten wird uns sehr fehlen…

  1. Woche: 4000 Inseln – Pakse – Siem Reap (Kambodscha)

Nach genanntem Bier brachen wir unseren persönlichen Rekord und gingen um 19.15 Uhr mit Buch zu Bett. Nachdem wir 12 Stunden am Tag draussen sind, es um 18.30 Uhr dunkel ist und wir reichlich erleben, gibt es kaum Grund die Nacht zum Tag zu machen. Außerdem veranstalten die eitlen laotischen Hähne täglich ab 4.00 Uhr einen Wettbewerb, wer am lautesten und schönsten krähen kann. Der nächste Morgen begann wieder mit einem Wasserfall, der den poetischen Namen ‚Getöse des Mekongs‘ trägt. 1866 endete hier, an den breitesten Wasserfällen der Erde, die Hoffnung zweier französischer Entdecker, den Mekong als Handelsweg zwischen China und Vietnam zu nutzen. Einer davon schrieb: ‚Alles in dieser gigantischen Landschaft atmet Kraft‘. Ich mag Entdecker-Geschichten und stelle mir vor, wie es wohl für den ‚Wiederentdecker‘ Angkor Wats, Henri Mouhot, war dort anzukommen und auf einem Elefanten durch Indochina zu reisen. Im Nationalpark Xe Pian wanderten wir auf den Berg Phou Asa, unser Guide konnte kein englisch und verstand somit unsere Frage, ob dies ein Vulkan sei, nicht. Elkes pantomimische Darstellung eines ausbrechenden Vulkans  bleibt unvergessen. Auf der Spitze steht eine rätselhafte Ruine mit zig zu Stupas aufgeschichteten Steinen, wieder ein Vat. Etwas besorgt bemerkten wir, dass unser Guide bei jedem Knacksen im Dickicht Ausschau hielt. Wir lasen erst später, dass es dort neben Bären noch ein paar wenige Tiger gibt. Am letzten Abend auf der Dachterrasse des Pakse-Hotels meinte Elke, es fehle nur noch ein Feuerwerk zum Abschluss. Und tatsächlich folgten prompt erst eins im Norden und dann eins im Süden der Stadt. Als Erste am Flughafen am nächsten Morgen verabschiedete Laos uns mit rotem Sonnenaufgang und orangenen Mönchen, die gerade vom Almosengang zurückkehrten. Gerade sage ich zu Elke, dass das ziemlich kitschig klingt. Aber so war’s und noch kitschiger war, dass ich weinen musste, als der Flieger abhob. Laos lässt einen nun mal nicht unberührt.

In Siem Reap angekommen, wurden wir mit einem Moto-Remorque Tuk Tuk abgeholt, einem Motorrad mit kutschenartigem Anhänger. Wir saßen noch oft in diesem Gefährt, denn unser Tuk Tuk Fahrer Rajanan wurde die Tage in Siem Reap ein treuer Begleiter und wenn die Grenze Thailands nicht so weit weg gewesen wäre, hätten er uns gerne dort hingebracht.

Wegen der Unruhen im Königreich Kambodscha, die hauptsächlich in und um Phnom Penh sind, meiden wir die Hauptstadt und bleiben lediglich 5 Tage in Siem Reap, bevor wir wieder nach Thailand fahren. In Bangkok herrscht inzwischen Ausnahmezustand.

Die Khmer Schrift gefiel uns gleich: war laotisch noch dem Thai sehr nahe, sah die Khmer Schrift Sanskrit ähnlich. Als schnell gewachsene Stadt und als touristische Ausgangsbasis zu Angkor, ist Siem Reap etwas identitätslos und kaum repräsentativ für den Rest von Kambodscha. Eher schrill, mit viel Leuchtreklamen, Lokalen aller Art, aber auch mit ein paar hübschen alten Häusern. Anfang der 90er hatte die Stadt nur 3 Hotels, heute sind es weit über 200 in der Boomtown.

Wir verliebten uns sofort in unser kleines, liebevoll gestaltetes Hotel mit Pool, am Rand des Trubels der Innenstadt. Als wir in die schmale, holprige Sandstrasse einbogen, waren wir zwar skeptisch, aber umso überraschter über dieses kleine Juwel. Es gehört einer Familie, die gleich gegenüber wohnt. Wie uns Ran, der Besitzer erzählt, haben sie gerade erst vor wenigen Wochen eröffnet. Ran arbeitet seit 20 Jahren 6 Tage/Woche als Frontofficemanager in einem 5-Sterne-Hotel und hat sich mit seinem eigenem Hotel einen Traum erfüllt. Wir waren in wirklich schönen Hotels auf unserer Reise, aber Ran und seine Familie waren einfach unglaublich: sie verwöhnten uns nach Strich und Faden, stellten uns abends Hausschuhe vors Bett, brachten Tee und Zitronenlimonade und umsorgten uns rührend.

Nachdem für 15 Dollar Wäscheservice angeboten wurde, gaben wir etwas ab, in der Meinung, es gäbe im Hotel, im Gegensatz zu den meisten Haushalten (die am Land ohnehin keinen Strom haben), eine Waschmaschine. Zufällig sah ich später, wie Rans Frau im Nachbarhaus Wäsche per Hand wusch und als mir dämmerte, das es sich um unsere (inklusive stehend dreckiger Jeans) handelte, war ich beschämt wie selten zuvor in meinem Leben – ich drücke daheim lediglich auf einen Knopf…

Mit unserem Zimmernachbarn aus Peking kamen wir am ersten Abend, wie immer auf Reisen, schnell ins Gespräch, woher kommt ihr, wie lange seid ihr schon unterwegs etc. Wir sprachen lange über Asien, Chinas Politik und, zu meiner Überraschung und Begeisterung, fiel ihm bei Deutschland nicht das Oktoberfest, sondern sogleich Pina Bausch ein, von der er ein großer Fan war. Rajanan holte uns am nächsten Morgen ab, um mit uns nach Angkor zu fahren, welches vom 9. bis 15. Jahrhundert das Zentrum des Khmer-Königreichs war, die größte Tempelstadt weltweit, sowie Stolz und Hauptattraktion des Landes ist. Bis heute wurden dort mehr als 1000 Tempel entdeckt, ca. 100 gut erhalten und beim ersten Blick auf das Herzstück Angkor Wat konnten wir nur eins sagen: Wahnsinn! Trotz Touristenmassen an diesem größten Sakral-Bauwerk der Welt (lauter Rekorde) verschlug es uns den Atem und wir standen ehrfürchtig davor. Dank 200 Quadratkilometern Fläche verlaufen sich die Touristenströme bei den unpopuläreren Tempeln.

Seit 1993 die UN-Soldaten Kambodscha verließen kann man Angkor wieder normal besuchen. Angkor Wat symbolisiert den hinduistischen Götterberg Meru, das berühmteste Relief zeigt Götter und Dämonen beim ‚Quirlen des Milchmeeres‘. Es macht aber keinen Sinn, die faszinierenden, teils hinduistischen, teils buddhistischen tausend Jahre alten Tempel zu beschreiben. Wir sahen beim ersten Besuch viele davon, kletterten wie die Äffchen hohe Stufen hinauf, bei der ein oder anderen steilen Treppe siegte jedoch meine Höhenangst und ich stieg nicht bis ganz nach oben. Das an vielen Tempeln in Stein gemeißelte ‚Sourire Khmer‘, das Lächeln der Khmer, sahen wir noch oft in den Gesichtern der Kambodschaner und das ein oder andere Bauwerk ist wie früher im Klammergriff des Dschungels und mit Bäumen bewachsen. Und überall Bilder tanzende Apsaras, halb menschliche, halb göttliche Frauen. Ankor ist aber nicht museal: hier leben 30.000 Menschen und es gibt um die Tempel Felder und Kühe. Wir hörten auch von ein paar seltsamen Bestrebungen in Angkor, wie dem allabendlichen ‚Night Festival‘ mit einer Tanzshow. Wo viele Touristen sind ist natürlich auch Geld. Fliegende Händler sind bei den berühmtesten Wats zuhauf. In einen echten Gewissenskonflikt stürzten uns die vielen Kinder, die uns umringten, allerlei Postkarten oder Armbänder verkauften und ‚One Dollar‘ riefen. Die meisten der Rund 14 Mio. Kambodschaner sind Bauern und nahezu ebenso arm wie in Laos. Mit der Währung Riel kamen wir selten in Berührung. Das touristischere Kambodscha hat nahezu alles in Dollar ausgezeichnet und auch an den Geldautomaten bekamen wir ausschließlich Dollar. Ran erzählte uns viel über den Tourismus und die Hotels hier. Am zweiten Abend richteten Elke, (als ehemalige Facebookmitarbeiterin) und ich Ran eine Facebookseite für sein Hotel ein. Ein bisschen Werbung kann nicht schaden. Ran war so lieb uns auch bei unserer Fahrt zur kambodschanischen Grenze zu helfen.

Mit Rajanan fuhren wir weiter aufs Land und zu dem See Tonle Sap. Wen wundert’s: angeblich der fischreichste Binnensee der Welt. Ran warnte uns, dass die Sandpisten dorthin sehr holprig seien. Wir waren von Laos längst abgehärtet und ebenso wie dort, gab es hier teils knallrote Sandpisten, fast wie in Australien. Der Weg führte uns über sattestgrüne Reisfelder, an zahlreichen Dörfern vorbei. Und Waisenhäusern. Ein Viertel aller weltweit registrierten Non Governmental Organizations sitzt in Kambodscha. Leider nicht alle seriös, wie Ran berichtete und Kambodscha leidet unter Korruption.

Um den riesigen See, den man schon beim Anflug über Kambodscha sehen kann, ist fruchtbares Schwemmland, welches einen Großteil des Landes ernährt. Rajanan brachte uns zu einem der weniger besuchten Plätze. Mit einem Longtailboot fuhren wir über die Wasserwege. Der gleichnamige Fluss ändert in der Regenzeit wegen der Wassermassen seine Fließrichtung und der See wächst ums Fünffache. Wir schipperten an grossen Pfahlbausiedlungen vorbei. Da dieses Gebiet so fischreich ist leben hier viele Menschen unter einfachsten Bedingungen, in Stelzenhütten meterhoch über dem Fluss und alles spielt sich am und im Wasser ab. Neben Reusen und Fangkammern für Fische werden auch kleine Krokodile zum Verzehr angefüttert. Um in die umliegenden überschwemmten Waldgebiete zu kommen, stiegen wir in ein sehr kleines gefährlich wackelndes Boot um (gerade frage ich Elke: ‚wie kann man denn die Nußschale noch bezeichnen?‘ Elkes Antwort: als Nußschale.‘). Unsere Bootsführerin war erfahren, sie wuchs auf solchen Booten auf, ebenso ihr einjähriger Sohn, den sie beim Paddeln an der Brust stillte.

Wieder am Longtailboot fuhren wir schließlich auf den Tonle Sap See und sahen nur noch Wasser bis zum Horizont. Später fuhr uns Rajanan noch zu zwei weiteren Tempeln Angkors bevor er uns pünktlich zum Hotel zurück brachte, wo für uns ein grosses Khmer Abendessen gekocht wurde. Das Nationalgericht Amok (ein Eintopf mit Kokosmilch und Kurkuma) schmeckte ausgezeichnet. Zwei neu angereiste Hannoveraner unseren Alters gesellten sich dazu und Ran freute sich, dass sich ‚The Germans‘ von da an gut verstanden. Einer der Jungs arbeitete in Kuala Lumpur und erzählte uns interessante Geschichten von Malaysia. In Rans liebevollem Haus haben wir es nie um 19.15 Uhr ins Bett geschafft.

Kulinarisch bekommt man in Kambodscha am Straßenrand auch häufig gebratene Vogelspinne angeboten. Dieser beliebte Snack wurde aus der Not geboten, als es zu Zeiten der Roten Khmer kaum Essbares gab. Wenngleich es Kambodscha finanziell etwas besser als Laos geht, ist Armut spürbarer, hoffnungsloser, die Zahl der Straßenkinder steigt ständig. Trotz der kurzen Zeit, durften wir dieses schöne Land ein wenig kennenlernen.

Von Rans Khmer Villa aus konnten wir heute morgen wieder Gebete der kambodschanischen Mönche hören. Zum Glück, in den 70er Jahren verstummten sie unter den Roten Khmer – da war es selbst gefährlich eine Brille zu tragen, galt man doch schnell als Intellektueller. Und wir hörten die vertrauten Hähne in Asien, und seltsam aber wahr: die kambodschanischen Hähne krähen anders als ihre Nachbarn. Irgendwie leiser.
In aller Frühe fuhren wir nach Poi Pet, dem Grenzübergang zu Thailand um weiter zur letzten Reiseetappe, der Insel Koh Chang zu reisen. Wir haben Ran und seine Familie lieb gewonnen und drücken fest die Daumen, dass ihr Hotel immer ausgebucht ist. Auf der Fahrt fuhren wir ein Stück auf dem Asian Highway 1 durch Kambodscha. Das wollte ich immer schon mal. Ähnlich der Panamericana führt diese Strasse über 14 Staaten, von Tokio bis an den Bosporus. Auf dem Weg sahen wir noch viele Kambodschaner mit ihren typischen bunten Krama Tüchern aus karierter Baumwolle, auf dem Kopf. An der Grenze wechselten wir nicht nur Währung und von Rechts- zu Linksverkehr, sondern auch die Fahrer, Kambodscha und Thailand liegen im Clinch und Kambodschaner dürfen nicht einfach so die Grenze passieren. Wir gingen zu Fuß nach Thailand und zogen kurz die Köpfe ein als es knallte – morgen wird das chinesische Neujahrsfest gefeiert und es war nur der erste China-Böller. Wir erleben also zweimal Neujahr im Januar. Nun sind wir, nach einer etwas abenteuerlichen Fahrt, auf Koh Chang, der Elefanteninsel, am Golf von Thailand. Elke und ich unterhielten uns gestern vorm Schlafengehen darüber, wie wunderbar die Reise bisher war und wie viel Glück wir bisher und auch letztes Jahr in Vietnam hatten. Man kann beide Reisen nicht vergleichen und doch war diese noch aufwühlender. Während ich diese Zeilen am Strand schreibe, erreicht Elke eine E-Mail von Ran, der sich erkundigt, wie es uns geht und schreibt, wie schön es war, dass wir da waren und wir zwei haben nasse Augen. Unsere letzte Woche ist angebrochen und sie ist gut und nötig um alles Erlebte nachklingen zu lassen und den Rucksack in die Ecke zu stellen. Natürlich ist es wieder ganz anders in Thailand zu sein, das war es sofort nach der Grenze. Der Fortschritt in diesem Land ist enorm schnell und ebenso die Gegensätze. Es ist anders, aber wo wir gerade sind auch sehr schön, die Insel ist glücklicherweise nicht allzu überlaufen. Koh Chang hat einen tollen Dschungel und wir freuen uns aufs Wandern, Lesen, Schwimmen und darauf in der Hängematte zu liegen.

Mir ist diese Reise ganz schön unter die Haut gegangen. Südostasien ist ein bezauberndes Fleckchen Erde und insbesondere Laos und Kambodscha habe ich tief ins Herz geschlossen. Wir haben tolle Menschen getroffen, viel erlebt und gelernt, viel gelacht und ein bißchen geweint und ich komme mit sehr, sehr vielen Farben, Bildern und Gerüchen im Gepäck bald wieder nach Regensburg. Nur den Geruch des Moskitosprays werde ich nicht vermissen.

Herzliche Grüsse an Euch

Annette